Die Renaissance der Barbershops

Bärte sind wieder in Mode. Mit dem Comeback der haarigen Gesichtsbedeckung erleben auch traditionelle Barbershops eine Renaissance. In den rustikalen Friseursalons nach amerikanischem Vorbild kann man(n) es sich bei einem Whisky oder einem Bier gut gehen lassen. Doch wie denken klassische Unisex-Friseure über die Entwicklungen und was macht einen solchen Barbershop so besonders? James Bean hat sich für euch unter das Rasiermesser gewagt.
Der Duft von After Shave, Pomade* und alten Holzmöbeln liegt in der Luft. An der Wand hängen Portraitaufnahmen von Ikonen der 1920-1950er Jahre. Während einige Herren auf Ledersesseln sich bei einem Bier über die Fußballergebnisse unterhalten, tönt Jazz-Musik aus der Stereoanlage. Der Umgangston ist grob, die Witze ausschließlich für Männerohren bestimmt. Frauen sucht man hier vergebens, müssen sogar „draußen bleiben“, so ziert es in schwarzen Lettern auf dem Schild vor der Eingangstüre. „Ich war schon immer Herrenfriseur und wollte nun einen Laden ausschließlich für Männer aufmachen“, erklärt Roberto Nicolaci, Inhaber von „Barbiere da Roberto“ in Bonn-Beuel.
Barbiere waren ursprünglich Wundheiler
Barbershops sind das Territorium der „Barbiere“ – klassischer Männerfriseure. Vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit wurden Barbiere, damals noch eine Art Wundheiler, verspottet und als ehrenlos betitelt. Ihre Arbeit umfasste unter anderem das Ziehen von Zähnen, Nagelpflege sowie Haar- und Bartpflege. Als dann im 18 Jahrhundert Perücken in Mode kamen, wurde Haarpflege immer mehr zur Hauptaufgabe der Barbiere. Der Beruf des Barbiers als Friseur und die klassischen Friseurläden, getrennt nach Geschlecht, waren geboren. Doch für Männer war der Barbershop mehr als ein Friseursalon. Er war sozialer Treffpunkt, Bar, Friseur und Stammtisch in einem. „Seit den 1970er Jahren gab es eine ganze Zeit lang keine Herrensalons mehr. Lange Haare waren in Mode, so kam es dass Männer nun Damensalons aufsuchten, da diese mit längeren Haaren besser umgehen konnten“, erklärt Nicolaci. Die Barbershops starben vorerst aus.
Die Renaissance der Barbershops
„Wir erleben momentan eine Renaissance der Barbershops“, erläutert Roberto Nicolaci. Er selbst hatte lange Zeit, damals noch Inhaber eines Unisex-Ladens, die Vision eines Friseursalons, der ausschließlich männliche Kunden bedient. Mit seiner Vision im Gepäck besuchte er einige traditionelle Barbershops in Amerika. Inspiriert vom charakterstarken Ambiente der amerikanischen Vorbilder verwarf er die ursprünglichen Pläne für seinen neuen Salon. „Ein solcher Salon muss wachsen, es kommen immer mehr Einrichtungsgegenstände dazu“, erinnert Nicolaci sich. So erstand er nach und nach Möbel aus den 1920- und 1950er Jahren. „Wir wollten eine Welt schaffen, in der es so scheint, als sei die Welt stehengeblieben“, so Nicolaci. Heute ist „Barbiere da Roberto“ der einzige Barbershop in Bonn. Etablierte Unisex-Friseure sehen die Renaissance der Barbershops eher gelassen. „Ich finde das Konzept von Barbiere da Roberto sehr interessant und ich denke, dass wir, so wie sie auch von uns, viel voneinander lernen können“, so Kaan Kamacik, Friseur bei „Your Hair“ in Königswinter.
Doch Roberto ist mit seinem Konzept eines Barbershops nicht allein. Auch in anderen deutschen Großstädten eröffnen immer mehr solcher Friseursalons. So gibt es neben einigen anderen Salons den „Gentlemen-Barber-Salon “ in Frankfurt, den Salon „Halit’s“ in Berlin oder auch das „Herrenzimmer“ in Bochum. Kaan Kamacik sieht den Grund für die stetigen Neueröffnungen von Barbershops im ständigen Wandel der Mode. Er erklärt, dass alle Dinge, die bereits einmal in Mode waren, irgendwann wieder kämen. „Ich denke, das ist eine Modeerscheinung, in ein paar Jahren werden jedoch einige Barbershops wieder schließen und nur die wirklich guten werden bestehen bleiben – so wie Schorem in Rotterdam“, so der Unisex-Friseur.
Schorem – Der bekannteste Barbershop der Welt
Der wohl bekannteste Barbershop ist „Schorem“ in Rotterdam. Von 2 Niederländern auf Bierdeckeln entworfen, macht Schorem auf der ganzen Welt von sich reden. „Schorem ist mehr als ein Barbershop, es ist vielmehr eine Marke“, lobt Nicolaci, selbst auch durch die Niederländer inspiriert, die Marke. Die Regeln im Rotterdamer Salon sind klar definiert: Keine Frauen, Termine gibt es nicht, Stammkunden werden nicht bevorzugt und das maskuline Treiben im Salon wird stets durch Rock and Roll Musik untermalt. Die Wartezeit kann bis zu fünf Stunden andauern und dennoch besuchen Kunden aus der ganzen Welt den Salon. Vor einigen Jahren als Idee (wahrscheinlich) unter Alkoholeinfluss grob umrissen, vertreiben die Niederländer nun nicht nur ihre eigene Pomade*, sie bieten auch eine 40-wöchige Schulung zum Barbier an.
Nicolaci kam die Idee zwar nicht unter Alkoholeinfluss, aber dennoch ist er ebenso erfolgreich. Einen Termin zu bekommen ist schwierig, auch wir mussten uns 2 Wochen gedulden, ehe wir uns in Robertos Salon verwöhnen lassen konnten. Betritt man den Salon am frühen Morgen, ist der Laden bereits voll mit Männern, die es sich bei Whisky und Bier gut gehen lassen wollen. „Unser Laden zieht im April nach Bonn um, wir haben am Stiftsplatz einen größeren Laden gefunden“, erklärt der Barbier stolz.
Weiterführende Links:
Website von „Barbiere da Roberto“
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